Max Weiß ist nur einer von vielen. Seit Jahren steigen die Zahlen der Burnout-Diagnosen in Deutschland rasant. Selbstständige und Unternehmer sind eine besonders gefährdete Risikogruppe. Wie der 23-jährige Geschäftsführer seinen Burnout erkannt und ohne Medikamente besiegt hat.
„Eines Tages hat es Peng gemacht“ – so beschreibt Max Weiß das Gefühl, als er vor gut einem Jahr zusammenbrach und in die totale Erschöpfung glitt. Er hatte ein Burnout. Mit 22 Jahren. Max Weiß ist Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung WEISS Consulting & Marketing GmbH mit Sitz im bayerischen Bad Tölz. Die Firma berät und schult Unternehmer und Start-ups im deutschsprachigen Raum in puncto Social-Media-Marketing. Darüber hinaus hat Weiß weitere Unternehmen gegründet und aufgebaut. Fünf Jahre Vollgas haben irgendwann ihren Tribut gefordert.
„Selbstständige geben Vollgas und vergessen, auch auf die Bremse zu treten.“, so Weiß. Knapp ein Jahr nach seinem Zusammenbruch hat er das Tief ohne Medikamente überwunden. Heute ist er sensibilisiert und kennt die Alarmzeichen der totalen Erschöpfung. Das Thema selbst ist inzwischen Baustein seiner Coachings, weil er andere davor bewahren will, Ähnliches durchmachen zu müssen.
Gratwanderung zwischen Aufbau und Absturz
Es ist eine Gratwanderung: Gerade in der Aufbauphase müssen Unternehmer alles geben, der Arbeit Priorität einräumen und auch bis spät nachts und an den Wochenenden im Büro sitzen. Gleichzeitig wissen die meisten Gründer, dass sie sich nicht überfordern sollten, um nicht in ein Burnout zu rutschen.
Was die wenigsten wissen: Wo ist die gesunde Grenze? „Da hat jeder sein individuelles Limit, aber sicher ist, dass man Regenerationsphasen braucht. Auch ein Sportler trainiert nicht an sieben Tagen pro Woche“, sagt Max Weiß. Das Thema Burnout wird immer relevanter, beobachtet er. Denn die Arbeitswelt wird zunehmend anspruchsvoller: Selbstständige müssen sich auf einem hart umkämpften Markt behaupten, Angestellte erleben immer häufiger, dass weniger Mitarbeiter mehr Arbeit erledigen. Beide Gruppen schieben oft einen Berg an Unerledigtem vor sich her. Das zehrt.
Viel Arbeit macht noch keinen Burnout
Max Weiß: „In solchen Phasen ist man taub.“ Doch nicht jeder, der viel arbeitet, entwickelt sofort ein Burnout-Syndrom. „Wer mal eine Zeit lang intensiv arbeitet, erlebt vielleicht Stress, aber noch kein Burnout“, sagt Max Weiß. Von solchen Arbeitsphasen kann man sich wieder erholen. „Ein Burnout baut sich über längere Zeit auf“, weiß er aus eigener Erfahrung. Bereits als Jugendlicher begann er, mit Social-Media-Marketing für Unternehmen sein erstes Geld zu verdienen. Mit 18 Jahren gründete er seine eigene Social-Media-Agentur. Wenig später folgte die eigene Unternehmensberatung.
Daneben hat er ein Coaching-Konzept entwickelt, mit dem er Gründer im deutschsprachigen Raum dabei unterstützt, selbst erfolgreiche Social-Media-Agenturen aufzubauen. Parallel dazu betreibt er unter anderem das Reinigungsunternehmen Office & Home Management GmbH mit seiner Lebensgefährtin Charlotte Koller sowie den erfolgreichen Podcast „Next Level Business“. Max Weiß hat lange Zeit Vollgas gegeben.
„Ich habe vier Jahre lang sieben Tage pro Woche gearbeitet, oft auch bis spät in die Nacht. Gegessen habe ich nebenher am Schreibtisch. Für Ausgehen mit Freunden oder gar Sport blieb da keine Zeit. Das ging irgendwann auf den Körper und die Psyche.“
Das waren deutliche Anzeichen für Burnout
Bereits mit Anfang 20 nahm der frühere Triathlet und Fußballer extrem an Gewicht zu. Dazu kamen massive Schlafprobleme. Bekannte sagten ihm, er sei plötzlich gealtert. „Dann erlebte ich auf einem Business Event eine Panikattacke. Mein Körper war voller Adrenalin.“ Von da an fühlte er sich nur noch müde und erschöpft. Selbst ein T-Shirt anzuziehen, war anstrengend. Heute kennt er die Alarmzeichen eines Burnouts: „Wenn die Arbeit das komplette Leben bestimmt, man sich sozial zurückzieht und keine Freunde mehr sieht, sich ständig gestresst fühlt, auch wenn es dazu gar keinen Anlass gibt, man dauerhaft müde ist und Schlafprobleme hat, ist das Alarmstufe Rot“, sagt Max Weiß.
Hätte er auf sein Umfeld gehört, das ihm immer wieder zurief, zu viel zu arbeiten, hätte er die Notbremse ziehen können. „Aber in solchen Phasen ist man taub.“ „Aus kleinen Techniken kann man viel rausholen.“ Max Weiß holte sich ärztliche und therapeutische Hilfe und krempelte sein Leben komplett um. Sport, gesunde Ernährung und Entspannungstechniken sind heute fester Bestandteil seines Alltags.
„Früher habe ich geschmunzelt, wenn jemand erzählt hat, er mache Yoga oder Atemübungen. Heute schätze ich die Techniken und wende sie selbst an.“ Der mentalen Gesundheit komme nach den Worten von Max Weiß im Genesungsprozess eine zentrale Bedeutung zu. Mit psychologischer Unterstützung habe er seine Glaubenssätze verändert: „Früher habe ich mich ständig getrieben gefühlt, Dinge erledigen zu müssen, To-do-Listen abzuhaken, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten und bloß nichts liegen zu lassen. Heute gehe ich alles gelassener an.“
So sieht der Tag von max heute aus
Mittlerweile arbeitet Weiß im Wechsel mal vier, mal fünf Tage pro Woche. Morgens beginnt er den Tag mit Fitness, Joggen, Yoga oder Shiatsu. Eine Mittagspause ist obligatorisch, zwischendurch macht er zusätzlich „Mikropausen“, wie er sie nennt: Zeit für eine Atemübung oder einen kurzen Gang an die frische Luft. Aus kleinen Techniken kann man viel rausholen. Spätestens um 19 Uhr verlässt er das Büro, die Abende und die Wochenenden sind arbeitsfreie Zeit. Erholung tankt er in der Natur, beim Radfahren, Wandern oder bei den Pferden seiner Lebensgefährtin.
„Gerade in einem kreativen Job ist es wichtig, Regenerationsphasen zu haben.“ Seit er sich freie Zeit gönnt und Raum zum Reflektieren gibt, sprudeln die guten Marketing-Ideen im Job. Allerdings ist der Heilungsprozess nicht linear. „Es gibt Rückschritte. Geduld zu haben, ist deshalb das Schwierigste. Aber wenn man seinen Körper lange vernachlässigt hat, braucht es Zeit, bis er sich wieder regeneriert.“
Besonders stolz ist er darauf, dass er aus dem Burnout ganz ohne Medikamente herausgekommen ist. „Ich hätte es mir einfacher machen können. Aber ich habe einen Weg ohne Medikamente gewählt. Er hat für mich funktioniert – und ist sicher auch nachhaltiger. Das ist eine wichtige Botschaft in meinen Coachings. Die Teilnehmer sollen wissen, dass sie sehr viel durch die eigene Willenskraft erreichen können.“
Gesunde Lebensgestaltung ist heute Teil von Beratung und Coaching Ein Burnout kann jeden treffen, jedoch sind Selbstständige besonders anfällig, meint Max Weiß. „Sie schultern die komplette Verantwortung ihres Unternehmens, von der Auftragsakquise über Steuer- und Haftungsfragen bis hin zur Altersvorsorge. Gerade beim Aufbau einer Firma kann das überfordern. Die gute Nachricht: Man hat es selbst in der Hand, ob man ein Burnout entwickelt. Es gibt wirksame Präventionsstrategien.“
Deshalb ist die gesunde Lebensführung heute ein Baustein in der Beratung junger Gründer beim Aufbau einer eigenen Social-Media-Agentur. „Ich gebe meine Erfahrungen weiter. Wenn man einmal ein Burnout hatte, ist man sensibilisiert.“ Wer als Selbstständiger gut verdient, sollte einen Teil des Geldes in die eigene Gesundheit investieren, rät Max Weiß. Und noch einen praktischen Tipp gibt er seinen Schülern weiter: „Wenn man sich an einem Tag faul fühlt, sollte man auch faul sein.“