Mehr Sichtbarkeit: Wie Frauen ihre Präsenz in Meetings stärken können

Heutzutage ist die Fähigkeit, gesehen und gehört zu werden, extrem wichtig für beruflichen Erfolg. Ohne diese Sichtbarkeit geht man in der Masse einfach unter. Außerdem kann man ohne sie wichtige Chancen zur Anerkennung und Weiterentwicklung versäumen. Doch nicht jedem ist diese Fähigkeit in die Wiege gelegt.

Für viele von uns stellt es eine echte Herausforderung dar, die eigene Präsenz in Meetings und anderen beruflichen Situationen zu verbessern. Die Realität ist: Es geht in dieser Welt nicht nur um Leistung. Egal wie brillant unsere Leistungen und Ideen sind: Wenn sie von uns nicht „laut genug“ kommuniziert und präsentiert werden, bleiben sie leider häufig unbeachtet oder ungehört.

Gerade für Frauen ist das ein Thema, sind sie doch oft weniger forsch und fordernd. Doch wie können Frauen ihre Sichtbarkeit im Arbeitsumfeld gezielt steigern und ihre Präsenz in Meetings stärken? Welche Strategien und Techniken können ihnen helfen, selbstbewusst und überzeugend aufzutreten, auch in Situationen, die von männlichen Kollegen dominiert werden? Unsere Interviewpartnerin Dr. Yana Fehse, Psychologin und Expertin für Mindset und Selbstvertrauen, gibt in diesem Interview wertvolle Tipps, wie das gelingen kann:

Frau Dr. Fehse, Welche konkreten Schritte können Frauen unternehmen, um ihre Präsenz in Meetings zu erhöhen?

Ganz einfach: Auffallen! Das beginnt damit, dass sich jede Frau zunächst bewusst macht, dass die Verantwortung für die eigene Präsenz bei ihr selbst liegt. Die richtige mentale Einstellung ist der entscheidende Punkt: „Ich bin verantwortlich, nicht andere!“ Es geht also darum, selbst aktiv daran zu arbeiten, sich Gehör zu verschaffen, anstatt darauf zu warten, dass andere einem das erlauben. Auch wenn es gerade am Anfang viel Mut erfordert, sich in Meetings mehr als sonst zu zeigen und die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, wird sich das auf lange Sicht auszahlen.

Konkret heißt das: Einfach mal Fragen stellen, die eigene Meinung in der Diskussion einbringen und auch Feedback geben. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass einem gerade am Anfang der eigene Perfektionismus im Weg stehen kann, aber man muss sich einfach trauen, ins kalte Wasser zu springen. Gerade am Anfang ist es sehr wichtig, sich einen Ruck zu geben und einfach den ersten Beitrag zu bringen und dann noch einen und noch einen usw. Mein Lieblingsspruch dazu lautet: „Lieber unperfekt starten, als perfekt warten“.

Ein häufiges Problem für viele Frauen ist es, ihren Standpunkt klar und überzeugend zu vertreten. Gibt es spezifische Strategien oder Taktiken, wie man eigene Ideen und Vorschläge effektiver kommunizieren kann?

Eine gründliche Vorbereitung auf das Gespräch oder die Präsentation ist äußerst wichtig! Frauen sollten sich genau informieren, Fakten sammeln, sich ihre Argumente zurechtlegen – und auch mögliche Gegenargumente berücksichtigen. So sinkt die Wahrscheinlichkeit, überrascht zu werden. Eine gute Vorbereitung sollte jeder Frau ein besseres Gefühl geben – und dieses Gefühl strahlt man dann auch aus.

Hilfreich ist auch eine klare Struktur im Denken und Präsentieren. Dabei hat sich der Grundsatz „Weniger ist mehr“ bewährt. Das bedeutet, dass man sich nur auf die wesentlichen Punkte eines Themas konzentriert, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Sonst verzetteln man sich. Zum Beispiel können sich Frauen überlegen, mit welchen drei Kernaussagen sie überzeugen möchten. Und dann möglichst kurze Sätze verwenden und Schachtelsätze unbedingt vermeiden. So kann man sofort auf den Punkt kommen und wird verstanden.

Und ganz wichtig ist immer, bei sich zu bleiben! Frauen sollten sich nicht verstellen oder versuchen, wie jemand anderes zu sein. Eine authentische Präsentation ihrer Ideen macht sie glaubwürdig und überzeugend. Das gilt natürlich auch für Männer. Denn die anderen spüren schnell, ob man authentisch ist oder nur ein Fake.

In Meetings können dominante Persönlichkeiten die Diskussion oft dominieren. Wie können Frauen in solchen Situationen ihre Stimme behaupten, ohne in einen destruktiven Machtkampf zu geraten?

Eine Möglichkeit besteht darin, aktiv zuzuhören und gezielt nach Momenten zu suchen, um konstruktiv in die Diskussion einzusteigen. Dies kann durch das Einbringen von relevanten Informationen, das Stellen von Fragen oder das Anbieten von Lösungsvorschlägen geschehen.

Wichtig ist, dass Frauen versuchen sollten, sich nicht von dominanten Persönlichkeiten provozieren oder einschüchtern zu lassen, sondern ruhig und gelassen zu reagieren und vor allem auch bei Bedarf Grenzen zu setzen. Man soll sich nicht die Butter vom Brot nehmen, indem man zum Beispiel erstaunt erwidert: „Das ist mir neu, dass…“. Schlagfertigkeit kann man übrigens trainieren.

Zusätzlich können Frauen versuchen, Verbündete vor oder während des Meetings zu finden, die ähnliche Ansichten teilen oder bereit sind, ihre Meinung zu unterstützen. Das kann helfen, eine stärkere Präsenz im Meeting aufbauen und sicherzustellen, dass die eigenen Ideen angemessen berücksichtigt werden.

Frau Dr. Fehse, wie reagieren Sie darauf, wenn Sie jemand im Meeting unterbricht oder sogar Ihre Ideen abwertet? Haben Sie bewährte Techniken, um diese Situationen zu bewältigen und dennoch respektvoll die eigene Position zu verteidigen?

In solchen Momenten ist es tatsächlich sehr wichtig, ruhig und souverän zu bleiben. Eine bewährte Strategie, auf Unterbrechungen oder die Abwertung eigener Ideen cool zu reagieren, ist die Anwendung der ‚Broken Record‘-Technik. Dabei bleibt man beharrlich bei seiner Aussage, ohne sich von der Unterbrechung ablenken zu lassen. Zum Beispiel könnte man höflich aber bestimmt sagen: ‚Ich verstehe Ihren Standpunkt, lassen Sie mich jedoch bitte meine Gedanken vollständig ausführen.‘ Ein weiteres Beispiel wäre: ‚Danke für Ihr Feedback, ich möchte jedoch gerne meine Perspektive weiter teilen.‘ Ganz nach dem Motto: „Das sehen Sie so, ich sehe das anders. Und wie ich schon sagte, …“ Durch diese Wiederholung signalisiert man Entschlossenheit und Standhaftigkeit, ohne den Respekt vor dem anderen zu verlieren oder sich in einen unfruchtbaren Machtkampf verwickeln zu lassen. Es ist wichtig, stets ruhig und kontrolliert zu bleiben und den Fokus auf die Sachdiskussion zu lenken.

Wir alle kennen Momente der Unsicherheit und Selbstzweifel. Was sind Ihre persönlichen Erfahrungen damit, und wie sind Sie damit umgegangen, um Ihr Selbstvertrauen zu stärken?

In der Tat sind Momente der Unsicherheit und Selbstzweifel für viele von uns unvermeidlich, auch für mich als erfahrene Psychologin. In solchen Momenten habe ich gelernt, sie als Chancen zur persönlichen Weiterentwicklung zu betrachten. Ein wesentlicher Schritt, um sein Selbstwertgefühl zu stärken besteht darin, sich seinen Gefühlen aktiv zu stellen und sie auch zu reflektieren. Gefühle sind immer gute Wegweiser, die uns etwas sagen wollen. Übrigens: Wer wissen möchte, wie stark sein Selbstwertgefühl ausgeprägt ist, kann einen Selbsttest machen: https://www.yanafehse.de/test/

Gerne erzähle ich, wie ich persönlich damit umgehe und welche Erfahrungen ich bereits gemacht habe. Konkret habe ich gelernt, mich selbst zu ermutigen, indem ich meine eigenen Erfolge und Stärken bewusst anerkenne und mir vor Augen führe, was ich bereits alles erreicht habe.

Und wenn ich doch mal in eine negative Gedankenspirale geraten sollte, versuche ich mir möglichst schnell „Stopp“ zu sagen. Das Problem bei negativen und selbstsabotierenden Gedanken ist, dass sie wie ein Magnet mehr davon anziehen. Anstatt mich von Selbstzweifeln überwältigen zu lassen, versuche ich mich immer zu fragen, welche konkreten Schritte ich unternehmen kann, um mein Ziel zu erreichen, und ermutige mich selbst, diese Schritte zu gehen. Und dann mache ich das auch.

Ohne Frage erfordert das alles Selbstvertrauen – und möglichst viel davon. Wie das geht, kann jeder gerne in meinem Buch „Radikales Selbstvertrauen – Die geheime Stärke erfolgreicher Menschen“ nachlesen.

Abschließend, welche Ratschläge oder Botschaft möchten Sie anderen Frauen geben, die daran arbeiten, ihre Sichtbarkeit und Einflussnahme in Meetings zu verbessern?

Ich würde sagen: Frauen müssen sich wirklich trauen, was haben sie schon zu verlieren? Wer sein Verhalten nicht ändert, wird kaum andere Ergebnisse erzielen. Wer aber bereit ist, seine eigene Komfortzone zu verlassen und sich von der Rolle des Mauerblümchens zu einer sichtbaren, aktiven Teilnehmerin in Meetings zu verpuppen, hat einen wichtigen Schritt nach vorne getan.


Kontakt:

www. yanafehse.de
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